Selten einen schlechteren Fachartikel gelesen, als jenen eines Schweizer „Gesundheitsmagazins“, welcher mit dem Titel „Wer Weizen meidet, riskiert Diabetes“ polarisiert und dabei riskiert, Menschen zu Fehlinterpretationen zu verleiten. Auf solch einen Artikel muss man einfach entsprechend antworten.
Wer den Artikel aufmerksam liest, erkennt sehr rasch den perfiden Plan, nämlich abstruse Zusammenhänge zu konstruieren, indem man einerseits eine korrekte Tatsache beschreibt, um in der nächsten Sekunde eine falsche Schlussfolgerung zu ziehen. Um genau was damit zu bewirken? Ich möchte niemanden etwas unterstellen, aber…
Beispiele gefällig?
- „Forscher in den USA belegten kürzlich, dass Blut und Urin von Leuten, die auf Gluten verzichten, stärker mit Schwermetallen wie Quecksilber und auch mit Arsen belastet sind“.
Der angebliche Grund samt „interessanten“ Rückschluss: „die Betroffenen essen mehr Reis“.Natürlich ist bekannt, dass gerade Vollreis zum Teil massiv mit Arsen belastet ist. Der Grund dafür ist übrigens, dass sich der Giftstoff hauptsächlich in den Randschichten des Reiskorns anreichert. Wenn man allerdings den Reis mit viel Wasser kocht und vor dem Garen gründlich wäscht reduziert man Anteil des Arsens.
Die Schlussfolgerung dieser Aussage ist jedoch, dass man angeblich nun öfter zu Produkten greift, die Reismehl beinhalten. Denn dieses wird in glutenfreien Fertigprodukten oft als Ersatz verwendet.
Auch das ist richtig. Absolut nicht richtig ist jedoch anzunehmen, dass man automatisch zu glutenfreien Fertigprodukten greift, nur weil man sich glutenfrei ernähren will. Denn es gibt eine Reihe von Lebensmittel, die gar keine Gluten beinhalten und dazu auch noch kerngesund sind. Zum Beispiel Buchweizenmehl, Quinoa oder Amaranth – und viele mehr.
Abgesehen davon, wo ist der Kontext zu Diabetes? Wenn man z.B. Weizenmehl mit Reis austauschen würde, bleibt die Situation zumindest gleich. Beide sind hochglykämische Nahrungsmittel, die den Blutzucker rasch in die Höhe treiben. Warum um Himmels Willen riskiere ich jetzt Diabetes, wenn ich auf Weizen verzichte? Ach ja, richtig – weil ich nun zwingend auf Reismehl und weitere ähnlich gelagerte Produkte zurückgreife. Wohl kaum. Zumindest nicht, wenn man ein wenig Ahnung von Ernährung hat.
- Ein besonders „intelligenter“ Rückschluss ist ebenfalls, dass man weniger Eisen, Vitamine und Ballaststoffe isst, weil man keine Gluten zu sich nimmt. Und weiter: „…doch Ballaststoffe sind wichtig, weil durch sie der Zucker langsamer ins Blut übergeht“. Als ob in typischen Weizenmehl (siehe Artikeltitel) besonders viele Ballaststoffe zu finden sind. Diese gibt’s nur in der Weizenkleie, ansonsten reichlich in Leinsamen, Chiasamen, Bohnen, Linsen, Erbsen, Kichererbsen, Haferflocken, Amaranth und natürlich Obst & Gemüse.
Wer bitte schön braucht Weizen, um Ballaststoffe zu sich zu nehmen? Abgesehen davon, dass es im Sinne eines Diabetesrisikos sowieso bedeutend besser ist, generell den Getreidekonsum einzuschränken. Aber um zu diesem Schluss zu kommen, sollte man auch ein wenig Ahnung vom Kohlenhydratstoffwechsel und dessen Auswirkung auf den Blutzucker haben. Was ich dem Autor des Artikels leider eher absprechen muss.
- In dem Artikel ist weiters zu erfahren, dass viele Leute, da sie Gluten vermeiden wollen, anstatt Brot und Teigwaren zu essen, nun auf Reis, Kartoffel oder Hirse umgestiegen sind. Und das soll angeblich ein Risiko für die Gesundheit darstellen, wie es im „Gesundheitstipp“ nachzulesen ist? Absurd!
Denn abgesehen davon, dass Hirse als das mineralstoffreichste Getreide schlechthin bedeutend gesünder als Weizen ist, macht es im Sinne von Diabetes bei den anderen erwähnten Nahrungsmitteln kaum einen Unterschied. Denn sowohl Brot und Teigwaren, wie auch Kartoffel und Reis, sind stark kohlenhydratlastige Lebensmittel, die allesamt den Blutzucker ansteigen lassen.
- In glutenfreien Lebensmitteln sollen des Weiteren auch bis zu 3x weniger Eiweiß enthalten sein, als in Produkten mit Gluten. Aha. Wieder so eine Binsenweisheit. Also besonders viel tierisches Eiweiß steckt neben dem Hühnerei und der Milch zum Beispiel in manchen Wurst, Fleisch, Milch- und Käsesorten, sowie in pflanzlicher Form in Hanfsamen Sojabohnen, Linsen, Mandeln, Kürbiskernen und Quinoa. Haben Sie irgendwelche Gluten entdeckt? Ich auch nicht.
Nicht, dass ich eine Lanze brechen möchte für glutenfreie Industrieprodukte, ganz und gar nicht. Diese sind ernährungsphysiologisch tatsächlich mitunter bedenklich. Aber nicht, weil sie keine Gluten aufweisen, sondern aufgrund anderer Inhaltsstoffe, welche allerdings auch in Fertigprodukten zu finden sind, die Gluten beinhalten.
Ist verständlich, worauf ich hinauswill? Nicht das Glutenfreie per se ist das Problem, sondern die Inhaltsstoffe generell. In Bezug auf Diabetes haben die im Artikel vorkommenden Argumente absolut keine Aussagekraft, denn der Austausch stärkehaltiger Kohlenhydrate mit anderen stärkehaltigen Kohlenhydraten (noch dazu mit ähnlichem glykämischen Index) macht keinen Unterschied. Diese sind generell zu reduzieren, egal ob Gluten oder nicht.
Wichtig ist, möglichst naturbelassene Lebensmittel zu verwenden und bei verpackten Produkten neben dem Kohlenhydratanteil darauf zu achten, was denn noch so an versteckten „Übeltätern“ vorkommt.
Fazit: Man kann nahezu jede Studie zu „seinen Gunsten“ auslegen, und Tatsachen so lange verdrehen, bis das gewünschte Ergebnis herauskommt. Wer kennt es nicht, das Zitat
traue keiner Studie, außer Du hast sie selbst gefälscht
Wer sich seriös informieren möchte, dem empfehle ich ein Diabetes Ade-Gesundheitsseminar. Aufgrund der Überbuchung des November-Termins habe ich mich auf vielfachen Wunsch nämlich dazu entschlossen, im Jänner 2019 noch einmal „anzutreten“. Interessenten schicken bitte eine E-Mail an: info@connecting.at.