Unglaubliche 189 Millionen Tonnen Zucker werden in etwa pro Jahr weltweit verbraucht. Die Vereinigten Staaten haben als größter Zuckerkonsument dabei die Nase vorn, während in etwa gleichzeitig laut dem National Diabetes Statistics Report des Centers for Disease Control die Diabetesfälle auf schätzungsweise 37,3 Millionen gestiegen sind. Zufall?
Das süße Gift
Leider nimmt schon ein erschreckend hoher Anteil der Bevölkerung Unmengen an Zucker zu sich. Oft ziemlich ahnungslos, denn die Industrie versteckt das süße Gift äußerst kreativ & raffiniert in ihren Produkten – auch dort, wo man es am wenigsten erwarten würde.
Fatalerweise denken viele Menschen, dass ihnen ihr Zuckerkonsum nicht schadet. „Der Konsument ist mündig genug, selbst zu entscheiden was er isst“, so die Politik. Und verschiebt damit die Verantwortung an den Bürger, den er eigentlich vor den schädlichen Folgen von zu viel Zuckerkonsum schützen sollte, oder zumindest darüber informieren müsste.
Wer bezahlt die gesundheitlichen Folgen?
Ein Gedankenspiel: Was würde wohl passieren, wenn ein Unternehmen versuchen würde, ein Nahrungsmittel mit ähnlichen ernährungsphysiologischen Konsequenzen auf den menschlichen Organismus in der EU zuzulassen (Stichwort Novel Food)? Es würde wohl niemals die gestrengen Augen der Lebensmittelwächter ungehindert passieren können. Jedoch… das Gegenteil ist der Fall, Zucker wird sogar noch staatlich subventioniert. Und die Kosten der gesundheitlichen Folgen des Zuckerkonsums (Adipositas, Diabetes Typ-2, NAFL – nicht alkoholische Fettleber, Herz-/Kreislauferkrankungen, Krebs uvm.) auf die Sozialversicherungsbeitragszahler „solidarisch“ ausgelagert.
Ein paar Zahlen, Daten & Fakten gefällig?
- Mit jedem Süßgetränk pro Tag steigt das Risiko, an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken, um 27 % und pro 250 ml von Süßgetränken pro Tag nimmt das Risiko einer koronaren Herzkrankheit um 17 % zu (1). Auch immer mehr Mediziner*innen fordern daher Maßnahmen und kommentieren laut dem Deutschen Ärzteblatt (2) „Es ist zutiefst bedauerlich, dass der industrielle Zuckerzusatz so wenig oder gar keine Restriktionen erfährt. Hier müsste sich gesamtgesellschaftlich im Bereich Politik und Prävention etwas ändern“.
- Laut der Studie eines Tübinger Forschungsteams wurden eindeutige Zusammenhänge zwischen dem zellulären Mechanismus, durch den Zuckermoleküle an Eiweiß gekoppelt werden, und dem Verlauf einer Hirnerkrankung nachgewiesen (3). Das bedeutet, dass diese Zuckersignale in direktem Zusammenhang mit Erkrankungsprozessen im Gehirn stehen. Dies sei ein wichtiger Ansatzpunkt bei der Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer, so Dr. Thorsten Schmidt, der Leiter der Studie.
- Eine Studie des Max-Planck-Instituts (4) widmet sich ebenfalls den Auswirkungen von Zucker auf unser Gehirn und stellte fest, dass Zucker (wie auch Fett) unser Gehirn verändern und sozusagen unsere Hirnnetzwerke umprogrammieren. Schuld daran ist der sogenannte Dessertmagen, welcher im Gehirn verankert ist. Bei Versuchen an Mäusen stellte sich heraus, dass, selbst wenn diese bereits satt sind und dann süßes fressen, ein Belohnungsgefühl ausgelöst wird, welches die Tiere dazu veranlasst, noch mehr Zucker zu fressen. Erschreckend: Dieser Mechanismus setzt auch dann ein, wenn die Tiere den Zucker gar nicht fressen, sondern ihn nur registrieren. Es stellte sich bei Versuchen heraus, dass bei Menschen die gleiche Hirnregion auf Zucker reagiert…
- Auch die Deutsche Herzstiftung berichtet von den katastrophalen Folgen von zu viel Zucker: Übergewicht, Diabetes, Fettleber sowie einem daraus resultierenden bis zu 6-fach höherem kardiovaskulären Risiko. Kohlenhydrate aus raffiniertem Zucker erhöhen das Risiko für schlechte Blutfettwerte, und eine Ernährung, die reich an zugesetztem Zucker ist, sorgt für ein 3-fach erhöhtes Todesrisiko infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (5). Geringe Mengen an zugesetztem Zucker sorgen dagegen übrigens für niedrigere Blutdruck- und Blutfettwerte, so eine Gesamtauswertung von 21 Studien (6).
- Während oben genannte Tatsachen den wenigsten Menschen bewusst sind, ist der Nachteil von zuckerhaltigen Speisen und Getränken auf die Zahngesundheit schon mehr bekannt. Kariesbakterien lieben Zucker und zerstören in Folge unsere Zähne. Je weniger Zucker desto besser, wie eine Studie zum Thema „Zucker und Karies“ ergab, welche bereits im Jänner 2016 veröffentlicht wurde (7).
- Krebszellen lieben Zucker und da durch den Zuckerverzehr auch der Insulinspiegel ansteigt, wachsen Tumore umso rascher. Laut einer Studie erhöht Zuckerkonsum bei einer bereits bestehen Krebserkrankung die Metastasenbildung in der Lunge. Zucker beeinflusst die Aktivität bestimmter Enzyme, und verursachen so indirekt eine tumorfördernde Wirkung (8).
Die Liste ließe sich noch beliebig lange ergänzen, doch drängt sich schon jetzt eine Frage förmlich auf: Warum um Himmels Willen essen wir überhaupt noch Zucker, wo doch der Körper das süße Gift keinesfalls benötigt? Ganz im Gegenteil, denn ein Verzicht auf Zucker hat vermutlich ähnlich positive Folgen, wie beispielsweise zum Rauchen aufzuhören. Und es gibt herrlich schmeckende süße Alternativen, mit weitaus weniger gesundheitsschädigenden Folgen, wie sie durch zu viel Zuckerkonsum verursacht werden.
- https://doi.org/10.1136/bmj-2022-071609
- Ausgabe 20/2023
- https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/das-klinikum/pressemeldungen/450
- https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1550413123000517?via%3Dihub
- https://herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/gesund-bleiben/ernaehrung/zucker
- https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD013320.pub2/full/de
- https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2161831323001485
- https://aacrjournals.org/cancerres/article/76/1/24/607910/A-Sucrose-Enriched-Diet-Promotes-Tumorigenesis-in