Als von Diabetes Typ-2 betroffene Menschen haben wir zum Zeitpunkt der Diagnose wohl alle die gleiche Frage vom Arzt gestellt bekommen: „Haben Sie Verwandte – Mutter, Vater oder Geschwister, die auch Diabetes haben?“. Sobald wir dies mit „JA“ beantwortet haben, war im nächsten Moment auch schon alles klar. Somit offensichtlich vorgegeben, hatten wir anscheinend wenig Einflussmöglichkeit, die Entstehung der Zuckerkrankheit zu verhindern. Die Gene sind schuld, wir sind sozusagen genetisch vorbelastet.
Doch das stimmt nur zum Teil, wie moderne Forschungen immer mehr belegen. Denn auch die Gene lassen sich beeinflussen, zumindest in Form unseres Erbes an die nächste Generation, unsere Kinder.
Die Wissenschaft, die sich unter anderem damit beschäftigt, nennt sich Epigenetik. Sie ist sozusagen das Bindeglied zwischen den Erbinformationen in Form unseres genetischen Codes und den „äußeren Einflüssen“, wie zum Beispiel Stress in der Schwangerschaft oder vor allem auch der Ernährung.
Man weiß heute, dass pubertierende Jugendliche, die zu viel Kohlenhydrate zu sich nehmen, später im wahrsten Sinne des Wortes schwergewichtige Probleme bekommen. Das gleiche gilt übrigens für Babys bis zum 2. Lebensjahr, die aus falsch verstandener Fürsorge „überfüttert“ werden. Man spricht in diesem Fall von einer epigenetischen Codierung, die später zu Übergewicht und auch Adipositas führt. Doch die Weichen werden oft schon viel früher gestellt, und so spielt bereits die Ernährung des Vaters vor der Zeugung des Kindes eine Rolle und beeinflusst den Stoffwechsel des später geborenen Kindes erheblich. Eine Fehlernährung des Vaters dürfte auch Einfluss auf die Entwicklung der insulinproduzierenden Betazellen des Kindes nehmen und somit indirekt die Entstehung einer späteren Diabeteserkrankung beim Nachwuchs begünstigen.
Epigenetik ist also die Vererbung unserer Eigenschaften, die nicht durch die Gene verursacht werden. Stoffwechselstörungen aufgrund von falscher Ernährungsgewohnheiten (wie eben zum Beispiel ein Zuviel an Kohlenhydraten) geben wir an unsere Nachkommen weiter, verändern auf diese Art deren genetischen Code und erhöhen damit erheblich das Risiko, dass unsere Kinder an Diabetes erkranken!
Es gilt heute als erwiesen, dass sowohl eine nährstoffarme Unterversorgung, wie auch eine hochkalorische Überversorgung der werdenden Mutter während der Schwangerschaft zu einem erhöhten Risiko für Stoffwechselerkrankungen führt.
Generell erscheint es wichtig festzuhalten, dass niemals Diabetes Typ-2 vererbt wird, sondern lediglich die Anfälligkeit dafür. Ob es auch tatsächlich zum Ausbruch der Zuckerkrankheit kommt, entscheidet einmal mehr unser Lebensstil.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass Genveränderungen sowohl von den Eltern vererbt werden können, als auch durch unser Zutun entstehen. Einmal mehr haben wir also unser Schicksal zu großen Teilen selbst in der Hand. Für das unserer Kinder sind wir jedoch – nach neuesten Erkenntnissen in der Epigenetik – massiv verantwortlich und können es aktiv beeinflussen. Zum Guten oder zum Schlechten, und das noch lange vor deren Geburt!