Zu diesem Thema scheiden sich wie so oft die Geister. Während Ärzte und Therapierichtlinien von häufiger Selbstkontrolle eher abraten, (warum auch immer?) bin ich persönlich gänzlich anderer Meinung. Die stete Kontrolle über die eigenen Blutzuckerwerte zu besitzen, setzt regelmäßiges Messen voraus, und ist sowohl die Basis zur Eigentherapie, wie auch für den selbstbestimmten Umgang mit Diabetes.
Die Gegner dieses Ansatzes argumentieren, dass häufiges Blutzuckermessen demotivierend auf den Patienten wirke. Das ist natürlich völliger Humbug und würde voraussetzen, dass man entsetzlich schlecht eingestellt wäre und ständig miserable Werte hätte. Das wiederum müsste jedoch weiter bedeuten, dass hier „irgendwer“ einen schlechten Job gemacht hätte, denn wer ist denn für die optimale Blutzuckereinstellung des Patienten verantwortlich?
Also nehmen wir unser Schicksal doch lieber gleich selbst in die Hand, und kommen wir zum eigentlichen Thema dieses Blogbeitrages – dem optimalen Blutzuckermessmanagement (schrecklich langes Wort:=)) in Eigenregie.
Es wird häufig geraten, den Morgenzucker (nüchtern, vor dem Frühstück) zu messen, und das ist auch sicherlich eine interessante Kennzahl. Der sogenannte Nüchternblutzucker sollte laut WHO nicht höher als 110mg/dl (6,1 mmol/l) liegen, bei Werten zwischen 110mg/dl und 126mg/dl (6,1 mmol/l – 7,0 mmol/l) spricht man von einer abnormen Nüchternglukose und bei wiederholten Messwerten über 126 mg/dl (7,0 mmol/l) wird bereits Diabetes Mellitus diagnostiziert.
Viel interessanter ist aus meiner Sicht jedoch, die Blutzuckerwerte im Laufe des Tages zu beobachten, und zwar immer dann, wenn der Messung eine der folgenden Aktivitäten vorangegangen ist:
- eine Mahlzeit
- eine sportliche Aktivität (darf auch ein ausgedehnter Spaziergang, Schneeschaufeln, Rasenmähen, o.ä. sein
- eine psychische Belastung, oder entspannende Momente
Am definitiv aussagekräftigsten ist jedoch die „Unterschiedsmessung“. Bei mir hat es sich eingebürgert, dass ich stets vor den Mahlzeiten messe, vor allem dann, wenn ich neue Lebensmittel/Speisen ausprobiere, deren Wirkung ich noch nicht kenne. Nach 2 Stunden messe ich dann „mahlzeitbezogen“ erneut den Blutzucker, und stelle so fest, wie gut (oder weniger gut) ich mein Essen vertragen habe. Logischerweise habe ich nach einem kohlenhydratreichem Essen höhere Werte, als wenn ich z.B. Fleisch, Gemüse oder ballaststoffreich gegessen habe. Man lernt sich und den eigenen Stoffwechsel am besten auf diese Art und Weise kennen, und bekommt nach und nach seine eigene, unglaublich wertvolle, Expertise.
Mittlerweile ist auch nach den neuesten Experten-Erkenntnissen der Blutzuckerwert nach dem Essen wichtiger als die Messung des Nüchternblutzuckers, da bereits kurzzeitige Blutzuckerspitzen nach dem Essen die Gefäße nachhaltig schädigen. Fortschrittliche Behandlungsmethoden berücksichtigen daher diesen Umstand und ermöglichen nun auch mahlzeitenbezogene Therapien. Blutzuckerspitzen lassen sich so weitgehend vermeiden und so diabetischen Spätkomplikationen erfolgreicher vorbeugen.
Am besten lassen sich Blutzuckerspitzen natürlich nach wie vor durch Reduktion von zu kohlenhydratreichen Speisen vermeiden. Weißmehl und Zuckerkonsum sollte radikal eingeschränkt, wenn nicht gar gemieden werden.
Doch wie hoch darf der Blutzuckerwert nach dem Essen tatsächlich sein?
Wird dieser Wert nur selten gemessen, ist man dann unter Umständen schockiert, denn es kommt vor, dass dieser doppelt so hoch ausfällt, als der regelmäßiger gemessene Nüchternblutzuckerwert! Das kommt vor allem daher, dass wir nur in der zweiten Nachthälfte wirklich nüchtern sind.
Laut den gültigen Leitlinien für Diabetiker ist der sogenannte postprandiale Zielwert (2 Stunden nach der Mahlzeit) < 160 mg/dl.
Was lernen wir nun daraus? Es ist sicherlich erstrebenswert, einen akzeptablen Nüchternblutzuckerwert zu erreichen. Darüber sollten wir uns allerdings nur sehr verhalten freuen, falls der postprandiale Wert massiv erhöht ist. Denn in diesem Fall sind wir leider mit den zu vermeidenden Blutzuckerspitzen/Blutzuckerschwankungen konfrontiert.
Es gibt nur 2 Möglichkeiten, Blutzuckerspitzen zu vermeiden:
- Man nimmt Medikamente dagegen, oder
- ernährt sich auf eine Art und Weise, die Blutzuckerspitzen weitgehend vermeidet
Jeder möge seine eigene Wahl dazu treffen…
Der Vollständigkeit halber möchte ich noch kurz auf die interessanten Erfahrungen des Blutzuckermessens in Bezug auf Sport und mentale Befindlichkeiten eingehen:
Beim Sport möchte ich die Erfahrung nicht missen, wie herrlich motivierend es sein kann, wenn man vor und nach den Bewegungseinheiten den Blutzucker misst. So lassen sich kurzfristig sogar zuvor begangene, kulinarische Sünden rasch wieder korrigieren. Man freut sich regelrecht auf die nächsten Sporteinheiten, und bevor man sich versieht, wird man unerwartet zur echten Sportskanone:=)
Sehr aufschlussreich ist der Einflussbereich psychischen Befindens auf unseren Blutzucker. Ob wir uns nun ärgern, Stress haben oder schlecht geschlafen haben – unser Blutzucker ist wie ein Spiegelbild und äußert sich in schlechten Messergebnissen. Im umgekehrten Fall lässt sich erleben, wie Erfolgserlebnisse, entspannende Zusammenkünfte oder herrlich erfrischendes Lachen die Blutzuckerwerte in tolle Bereiche drücken lassen!
Hallo markus! danke für deine solide info im blog! ne kleine frage hätt ich da mal! hast du erfahrungen mit den zahlreich am markt erhältlichen apps (zum bsp mysugr)? taugen die etwas? danke
Die Tauglichkeit einer App richtet sich am ehesten nach Deinen Bedürfnissen. Ich persönlich fange mit all diesen Apps überhaupt nichts an, da sie mir keinen Mehrwert im Sinne einer Lifestyle Therapie bieten. Daher verwende ich einfach ein Bluetooth Messgerät und speichere meine Daten am Computer ab – that´s it.
Wenn man insulinpflichtiger Diabetiker ist, machen Apps wie mysugr natürlich eher Sinn.
wirklich ein sehr interessanter beitrag UND ZWAR AUS MEHREREN GRÜNDEN: 1) IST ER FUNDIERT UND 2) PRAXISBEZOGEN GESCHRIEBEN1! WIE ABER ernährt MAN sich auf eine Art und Weise, die Blutzuckerspitzen weitgehend vermeidet …. kann mich ja nicht nur von haferflocken ernähren und auf das käme es praktisch hinaus!
In aller Kürze: Indem Sie sich mal primär an Lebensmitteln mit niedrigem GI (Glykämischer Index) oder noch besser – GL (Glykämische Last) orientieren. Das ist mal ein guter Anfang, mit der Zeit bekommt man Routine darin. Bei unseren Diabetes Ade Urlaubsreisen wird generell nur so gekocht und man nimmt rasch zur Kenntnis, dass so eine Art Ernährung nicht nur gesund, sondern auch sehr schmackhaft ist (siehe auch Diabetes Ade Kochbuch).
Vollkornprodukte verzögern den Blutzuckeranstieg … vielleicht sollt man daher vorher etwas brot essen und erst danach die schoko ?! :-) :-) Grundsätzlich gilt aber immer: Körperliche Aktivität verbessert die Insulinwirkung und senkt den Blutzucker. !!!! interesant ist aber kaffein also kaffee. wusste nicht dass er den blutzucker so in die höhe treibt. ich trink ja immer morgens 2 große tassen ovor dem laufen . ob das nun schädlich ist weiß ich jetzte icht so ganz genau?
Vollkornprodukte verzögern den Blutzuckeranstieg doch nur im Vergleich zu Auszugsmehlen, und natürlich nicht im Generellen. Diese erhöhen selbstverständlich auch den Blutzucker, und wenn Sie Weizenvollkornmehl verwenden haben Sie gar keinen Benefit, denn dieses beinhaltet das Kohlenhydrat Amylopektin-A, welches zu einem sehr starken Anstieg des Blutzuckers führen kann!
Schwarzer, ungesüßten Kaffee hat bei mir noch nie zu einem Blutzuckeranstieg geführt, aber vor dem Laufen würde ich persönlich diesen dann doch nicht unbedingt trinken.
Hallo hr. berndt! also ich wollte ihnen zunächst einmal sagen, dass ich ihre artikel wirklich genossen habe und sehr gut finde. man lernt sehr viel daraus und ich bin schwer am überlegen dass ich an einer der Diabetes Ade Urlaubsreisen teilnehme. worüber ich mich allerdings wundere ist, dass sie offenbar so auf vollkornprodukte viel halten! (brot ??) denn ich dachte immer das sind ja die dickmacher! aber ja man sieht offenbar man muss wirklich eine der Diabetes Ade Urlaubsreisen buchen denn sonst kommen fragen über fragen … über fragen … über fragen :-)
Hallo Frau Mayer,
wie kommen Sie denn darauf, dass ich „so viel“ von Vollkornprodukten halte? Sie sind natürlich gegenüber Auszugsmehlen zu bevorzugen, aber generell versuche ich persönlich mittlerweile „herkömmliche“ Mehle zu vermeiden oder zumindest einzuschränken. Es gibt gute Alternativen. Wenn man jedoch mit der Ernährungsumstellung beginnt ist es erstmal besser „soft“ zu beginnen und sich dann nach Bedarf und Möglichkeiten tiefer in die Materie einzuarbeiten. Weizenvollkornprodukte lehne ich übrigens generell ab. Aber Sie haben schon recht, auf einer Diabetes Ade-Urlaubsreise lernt man das Ganze auf angenehmste Art und Weise, also lassen Sie sich nicht aufhalten!:=)
http://www.diabetesade.com/diabetesade-mallorca
ich hätte zu folgender Aussage eine frage
„ernährt sich auf eine Art und Weise, die Blutzuckerspitzen weitgehend vermeidet“
>> stimmt es dass man mit etwa gummibären nicht die gleichen spitzen erzeugt wie etwa mit schokolade? danke
Sofern diese Frage ernst gemeint ist: Gummibärchen haben eine glykämischen Index von 80! So etwas würde ich nur in mich hineinstopfen, wenn ich lebensmüde wäre. Bin ich aber nicht….
weil ichs grad zufällig lese… auch deshalb weil da nix an guten inhaltsstoffen drin ist… wegen „nur in mich hineinstopfen“ :-) Frohe weihnachten und danke für die tollen beiträge