Aus aktuellem Anlass, nämlich dem Ergebnis meines neuesten Blutbefundes, mit einem Nüchternblutzucker von 86mg/dl und einem HbA1c von 5,8%, widme ich mich einmal mehr einem, immer wieder kontroversiell diskutierten, Thema – der Lifestyle Intervention.
Aus meiner Sicht ist es ziemlich klar, welches die bessere Therapieform ist. Umso mehr wundere ich mich über diverse Gegenstimmen, die eine medikamentöse Behandlung vorziehen. Natürlich gibt es Diabetesausprägungen, die eine zwingende Einnahme von Medikamenten erfordern, aber eine ganze Menge an Diabetikern Typ 2 würde diese erst gar nicht benötigen.
Ich habe nun seit 2 Jahren durchgehend Werte im Normbereich eines Gesunden, nehme keinerlei Medikamente ein, und verzichte kulinarisch auf genau NICHTS! Laut aktuellen Einschätzungen renommierter Ärzte, würden bis zu 85% neu diagnostizierter Diabetiker Typ 2 solche Erfolge erzielen, wenn diese nur „meinen“ Weg einschlagen würden. Das tun sie jedoch meist nicht, und da drängt sich förmlich die Frage auf – warum nicht? Sind diese gar schlecht beraten?
Eigentlich wäre es jedoch viel besser, gleich gar nicht Diabetiker zu werden, und das Vermeiden wäre auch gar nicht so schwierig – wenn man denn im Vorfeld besser informiert werden würde. Darüber, wie schädlich dieses „Futter“ ist, das uns in den Supermärkten vermehrt als LEBENSmittel verkauft wird. Fast Food, Fertiggerichte und wahre (meist versteckte) Zuckerbomben, die uns als vermeintlich ungefährlich aufgedrängt werden. Die Werbung lullt uns ein, und hört man kritische Stimmen, wird das von den Werbestrategen der Lebensmittelindustrie ignoriert, oder mit dem arroganten Argument, „der Konsument weiß gar nicht, was er wirklich will, daher sagen wir es ihm“, vom Tisch gewischt. Niemand fühlt sich zuständig, und derweil explodieren die Gesundheitskosten…
Dabei wäre es so einfach: Laut einer finnischen Diabetes-Präventionsstudie aus dem Jahr 2001 ließe sich, durch eine Änderung des Lebensstiles, Diabetes Typ 2 weitgehend vermeiden. Eine Gruppe von Probanden (522 Personen), die allesamt bereits eine gestörte Glucosetoleranz hatten, wurde in 2 Gruppen unterteilt. Die eine Gruppe bekam eine Ernährungsumstellung verordnet, zusätzlich ermunterte man die Gruppe zu Sport (viermal in der Woche eine halbe Stunde moderate Bewegung). Die andere Gruppe erhielt nur eine kurze Belehrung zu gesunder Lebensweise (wie auch bei uns üblich). Nach 3,2 Jahren wurde die Studie aus ethischen Gründen frühzeitig abgebrochen: Denn in der „Lifestyle Gruppe“ war die Zahl der neu diagnostizierten Diabeteserkrankungen um 58 Prozent niedriger als in der „anderen Gruppe“.
Deutlicher kann ein Ergebnis kaum sein, mehr als die Hälfte der Diabeteserkrankungen ließe sich also durch Gewichtsreduktion und moderaten Sport verhindern. Zu den gleichen Ergebnissen kam übrigens auch eine, 1 Jahr später veröffentlichte, amerikanische Studie.
Nämlich das sogenannte „Diabetes Prevention Program“, an dem 3234 Probanden mit gestörter Glucosetoleranz teilnahmen. Weiters überprüfte das „Diabetes Prevention Program“, ob sich durch Einnahme von Medikamenten Diabetes verhindern ließe. Ein weiterer Teil der Probanden bekam daher 2x tgl. 850 mg Metformin.
In dieser 3. Gruppe lag die Diabetesinzidenz nach drei Jahren um nur 31 Prozent niedriger als in der Kontrollgruppe, die ein Placebo erhielt.
Weitere, ähnliche Studien verglichen noch mit den Medikamenten Acarbose und Rampiril – beide kamen nur auf 35% Reduktion.
Diese Studien bewiesen somit eindeutig, dass alle drei Wirkstoffe nur etwa halb so effektiv sind, wie eine Lebenstilintervention!
Obwohl ich es normalerweise vermeide, Stellungnahmen „Dritter“ zu veröffentlichen, möchte ich ausnahmsweise ein Interview mit einem anerkannten Diabetologen beifügen, das sich dem umstrittenen Thema „Kunstinsulin“ widmet.
Ist Kunstinsulin gefährlich? Fragen an den Düsseldorfer Diabetologen Ernst Chantelau
DIE ZEIT: Die Pharmaindustrie hat in den vergangenen Jahren so genannte Insulinanaloge auf den Markt gebracht, die gentechnisch hergestellt und mittlerweile Hunderttausenden Diabetikern gespritzt werden. Es fehlen aber Langzeitstudien über ihre Unbedenklichkeit. Wie erklärt es sich, dass sie dennoch von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, der DDG, empfohlen werden?
Ernst Chantelau: Man kann nur vermuten, dass dort andere Interessen dahinterstehen. Denn obwohl diese Kunstinsuline sehr viel teurer sind als ihre Vorgänger, haben sie nicht zu einer relevanten Verbesserung des Blutzuckers bei Diabetikern geführt und auch die Unterzuckerungen, die gefürchtet werden, nicht herabgesetzt. In Amerika müssen Mediziner und Wissenschaftler, die für die Pharmaindustrie arbeiten, ihre Artikel kennzeichnen, sie müssen auf einen conflict of interest verweisen. Wir haben in der Deutschen Diabetes-Gesellschaft mit einer hauchdünnen Mehrheit einen Beschluss durchgesetzt, dass die Verfasser von Leitlinien zur Diabetes-Therapie – die macht die DDG ja auch – ebenfalls ihren conflict of interest erklären müssen. Passiert ist jedoch nichts. Die nächste Leitlinie kam heraus, und es stand nicht drin, dass einige ihrer Autoren ständig Geld von der Pharmaindustrie erhalten.
ZEIT: Was hat denn die Entwicklung der Insulinanaloge angestoßen, die ja einen wirklichen Höhenflug erleben?
Chantelau: Der Grund ist, dass die Industrie ständig neue Produkte braucht. Zunächst hat sie die Insuline vom Schwein und vom Rind physikalisch verändert, um so ihre Wirkungsweise den therapeutischen Bedürfnissen anzupassen. Mit der Gentechnik hat sie dann Humaninsulin auf den Markt gebracht. Wir haben es in Studien mit dem alten Insulin verglichen und gesagt: Das brauchen wir nicht, es ist nicht besser als das Schweineinsulin, nur sehr viel teurer. Da haben sie den Preis für das Schweineinsulin so hoch gesetzt, bis wir kein Argument mehr hatten.
ZEIT: Das war Mitte der achtziger Jahre. Da hat die Pharmaindustrie aber offenbar auch schon an Insulinanalogen gearbeitet.
Chantelau: Ja, die Pharmaindustrie nennt das analoges Insulin, es ist aber tatsächlich ein genetisch manipulierter Abkömmling. In der Pharmaindustrie hat man sich gefragt: Wie ist die Struktur des Insulinmoleküls, wie kann man sie verändern, und was für Folgen hat das für die physikalisch-chemischen Eigenschaften? Über die biologischen Eigenschaften, über die Gesamtwirkung auf den Körper, wusste man nichts. Und dann hat sich in Versuchen herausgestellt, durch Zufall eigentlich, dass dieses erste entwickelte Kunstinsulin das Zellwachstum fördert und damit auch das von Krebs. Es hatte bei weiblichen Ratten zu Brustkrebs geführt. Doch nicht die Firma selbst, Novo Nordisk, sondern die Konkurrenz hat das an die große Glocke gehängt.
ZEIT: Die Forschung und Entwicklung an Insulinanalogen ging aber weiter.
Chantelau: Ja, es kam dann ein Kunstinsulin, das eine schnelle und kurze Wirkung haben sollte. Das war 1996, es heißt Lispro, Markenname Humalog. 1999 folgte dann von einem Konkurrenten ein ähnliches Insulin, das auf dem Markt Novorapid heißt. Über beide Kunstinsuline gibt es keine ernst zu nehmenden langfristigen Studien, mit denen man ein biologisches Risiko für die Patienten hätte ausschließen können. Einige Leute haben Bedenken angemeldet, aber gerade die DDG hat dementiert und gesagt: Nein, es gibt kein Risiko, diese Kunstinsuline seien rundweg zu empfehlen, sie seien ja von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMEA zugelassen worden.
ZEIT: Gentechnisch manipulierte Hormone kommen also als Insulinanaloge auf den Markt. Viele Menschen sollen sie lange, manche über Jahrzehnte hinweg, spritzen. Muss man da nicht größere Bedenken haben?
Chantelau: Man hat ja Bedenken, das ist das Alarmierende, aber kaum jemand spricht darüber. Die drei Kunstinsuline – das Letzte, Glargin oder auch Lantus, ist vor zwei Jahren auf den Markt gekommen – sind alle von der EMEA zugelassen worden, aufgrund von Studien, mit denen man den langfristigen Nutzen oder das Risiko nicht erfassen kann. Erst später hat sich die EMEA besonnen. Nach der Zulassung der drei neuen Kunstinsuline hat sie im November 2001 ein Papier herausgebracht, in dem sie einräumt, dass es sehr wohl einen dringenden Bedarf gibt, diese Kunstinsuline genauer zu untersuchen, dass man ein mögliches Krebsrisiko noch überhaupt nicht einzuschätzen wisse. Also: Können sie das Wachstum von Tumoren fördern oder nicht?
ZEIT: Aber die EMEA ist doch nun offenbar bereit, etwas zu tun. Sie fordert langfristige, fundierte Studien.
Chantelau: Nein, das tut sie eben nicht. Sie fordert sie nur für die zukünftigen Kunstinsuline, nur für solche, die noch nicht zugelassen sind. Ich habe mich an die Firmen Lilly, Novo Nordisk und Aventis gewandt und gefragt: Werdet ihr etwas unternehmen? Macht ihr neue Studien für die Kunstinsuline, die ihr schon auf dem Markt habt? Sie haben geschwiegen. Mittlerweile habe ich drei Verdachtsfälle auf Krebs an das Bundesinstitut für Arzneimittel gemeldet. Wir haben natürlich auch sonst Krebs bei Diabetikern, aber hier, in diesen konkreten Fällen, halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass er unter dem Einfluss von Kunstinsulinen entstanden ist. Eine Antwort habe ich aber bisher nicht bekommen.
Professor Dr. Ernst Chantelau ist Diabetologe an der Klinik für Stoffwechselkrankheiten der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.
Sehr geehrter Herr Berndt, welche Mengen an Zucker, Eiweiss, Fett, Ballaststoffe, Kalzium, Kalorien sind Ihrer Einschätzung nach zuträglich? Finde trotz Recherche nur sehr selten Empfehlungen. Beste Grüße Spraider
Sehr geehrter Herr Spraider,
ich gebe ganz bewusst keine „Mengenangaben“ als Tipp. Einerseits steht mir das ja gar nicht zu, anderseits halte ich persönlich von „Kalorienzählen“ rein gar nichts. Die diesbzgl. wissenschaftlichen Empfehlungen ändern sich immer wieder über die Jahre, außerdem gibt es komplett diametrale Ansätz der Anhänger verschiedener „Ernährungsrichtungen. Im Extremfall vergleichen Sie doch mal die Angaben der Veganer mit den Empfehlungen für die ketogene Ernährung. Abgesehen davon hängt doch sehr viel von der individuellen Ausgangssituation des Betroffenen ab. Bei der Vielzahl der Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Stoffwechselerkrankungen und der adipösen Entwicklung der Bevölkerung sind „Mengenangaben“ meiner Meinung nach völlig fehl am Platz. „Mein Job“ hier ist lediglich das Erzählen meiner persönlichen Erfahrungen im Umgang mit Diabetes und die Auswirkungen verschiedener Nahrungsmittel. Und da zeichnet sich ein immer klareres Bild ab. Ganz eindeutig „Low Carb Ernährung“, eher fett & eiweißhaltige Ernährung, viele Ballaststoffe (wussten Sie, dass diese früher verpönt waren – nomen est omen…Ballast) und – was für eine Überraschung – KEIN Zucker! Wer bitte benötigt raffinierten Zucker? Die Mär der Zuckerlobby in Hinblick auf „wir brauchen den Zucker für unsere Energie“ glauben wohl nur noch die Unaufgeklärtesten. Die Magnesiumaufnahme wiederrum ist vor allem auch in Hinblick auf das Verhältnis zur Calciumaufnahme (Calcium-Magnesium-Verhältnis sollte idealerweise 2:1 sein)von Bedeutung und die lieben Kalorien? Da wird soviel verschiedener Blödsinn behauptet, das es schwierig ist, hier eine seriöse Dikussion zu führen. Will ich abnehmen, betreibe ich viel Sport, wie alt bin ich – ja sogar das Geschlecht spielt dabei eine Rolle. Der generelle Grundumsatz beträgt bei einem 80 kg schweren Mann um die 1.900 kcal, bei einer 60 kg schweren Frau ca. 1.300 Kilokalorien. Manche behaupten, man käme mit viel weniger aus – aber ist das auch gesund? Keine Ahnung, ich habe auch keine Lust es auszuprobieren…; Der Rest hängt, denke ich, von sehr vielen anderen Faktoren ab, aber das würde wohl diesen Rahmen sprengen. Und wie gesagt, ich schreibe lediglich über meine persönlichen Erfahrungen und Ansätze – und ich „zähle“ dabei überhaupt nichts und halte mich an meine „eigenen Regeln“. Obwohl ich weitaus mehr esse als früher und mich auch nicht einschränke, habe ich nie wieder zugenommen und fühle mich prächtig. Bin fit wie ein Turnschuh und meine Zuckerwerte sind bestens. Ich lasse halt Zucker, Weizen und polierten Reis weg…